Blick nach vorne

(CC-BY-NC-ND) be-him

Von Stephanie Schmiedke, Generalsekretärin der Piratenpartei erschienen auf der Bundes-Website.

Und eines Donnerstags dann, fast zweitausend Jahre, nachdem ein Mann an einen Baumstamm genagelt worden war, weil er gesagt hatte, wie phantastisch er sich das vorstelle, wenn die Leute zur Abwechslung mal nett zueinander wären, kam ein Mädchen, das ganz allein in einem Café in Rickmansworth saß, plötzlich auf den Trichter, was die ganze Zeit so schief gelaufen war, und sie wusste endlich, wie die Welt gut und glücklich werden könnte. Diesmal hatte sie sich nicht getäuscht, es würde funktionieren, und niemand würde dafür an irgendwas genagelt werden.
Douglas Adams
»Per Anhalter durch die Galaxis«

Ich sitze weder in einem Café, noch habe ich die Lösung wie die Welt gut und glücklich werden könnte. Aber rückblickend kann ich sagen, dass viele von uns eine Menge rhetorischer Nägel irgendwo rein geschlagen haben. Viele haben auch Sargnägel gezählt und über das Jahr betrachtet sieht konstruktive Arbeit im Idealfall wohl anders aus. Es war ein anstrengendes Jahr für die meisten Piraten, egal wo sie politisch standen oder stehen.

Das peinliche an Jahresrückblicken ist immer das viele »früher«. Früher war eben nicht alles besser, vielleicht war vieles anders, eigentlich war es aber nur – früher. Vielleicht sollten wir damit anfangen, womit es an diesem Donnerstag in Ricksworth auch angefangen hat. Einfach mal Luft holen, ein bisschen zur Ruhe kommen, die innerparteilichen Reibereien ruhen lassen und kurz inne halten. Ja, die Reibereien werden wieder kommen, wir sind Piraten, wir können wahrscheinlich nicht ohne. Das bedeutet aber nicht, dass Regeneration und Erholung ausbleiben sollten. Viel wichtiger als Rückblicke ist der Blick nach vorn.

Was steht uns 2015 bevor? Wir haben – wenig überraschend – immer noch dieselbe Regierung, immer noch dieselben Nachrichtendienste, immer noch Menschen die einen für uns unerklärlichen Hass auf alles Fremde haben. Die Versuche die Vorratsdatenspeicherung wiederzubeleben, ein »Freihandelsabkommen«, die Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrundes und Menschen, die unter dem Deckmantel der Bürgerlichkeit wieder offen ihren Rassismus zur Schau tragen. All das haben wir 2014 gesehen – und es wird auch 2015 nicht verschwunden sein, auch wenn wir uns das wünschen.

Diese Dinge sind es, die zeigen, warum jemand dieser Regierung und den Etablierten Parteien auf die Finger schauen muss. Dazu braucht es aber mehr Geschlossenheit als wir in diesem Jahr gezeigt haben. Das ist kein Vorwurf, das ist in erster Linie eine Anregung zur Selbstreflexion. Wer Änderungen bewirken will muss bei sich selber anfangen. Ja, das wird uns alle Kraft kosten.

Danke an die, die in diesem Jahr ihre Freizeit und so viel Engagement aufgebracht haben um sich und ihre Ideen einzubringen. Aber ruht euch aus, macht Pause. Wir brauchen euch. Es ist viel zu tun für uns, aber mit leeren Batterien geht das nicht. Nutzt die freien Tage, tankt Energie und lasst uns 2015 zeigen, warum es Piraten braucht.

Schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Eure Stephanie
@H3rmi


Kommentare

16 Kommentare zu Blick nach vorne

  1. Reflektion wäre schön, dann muss ich Euch nicht immer den Spiegel vorhalten. 😉
    In diesem Sinne erholsame Feiertage und sicherheitshalber schon mal nen guten Rutsch ins 2015

    Ich werd jetzt 2 Dosen Kartoffelsuppe mit der Mikrowelle erhitzen und mir ein Filmchen anschauen und später Battlefield4 zockenm ihr Langeweiler! 😀

    • Dirk schrieb am

      Falls Du mit »Spiegel« merkwürdige Vorratsdatenbanken und Pseudoorganisationsblogs meinst, wäre Weihnachten eine gute™ Gelegenheit, sie nach /dev/null zu verschieben. Dann würde vielleicht… vielleicht… nein. Vergiss trotzdem nicht, die Dose vor dem Erhitzen aufzumachen.

      • Sperling schrieb am

        Lieber Dirk,

        beiträge wie deiner sind ein Teil des Problems, kein Teil der Lösung. Denn du erreichst damit werde ein Nachdenken noch eine Verhaltensänderung sondern nur das sich die Fronten verhärten.

        der Sperling

        • Dirk schrieb am

          Welche Art von Beitrag, lieber Sperling, wäre denn einer, der Deiner Ansicht nach eine Kommentar wie den von Sascha P. so beantworten würde, dass er bei Sascha P. ein Nachdenken oder eine Verhaltensänderung bewirken würde? Bei Kommentaren aus der Kategorie “ohne jede Form nachvollziehbarer Kritik einfach nur beleidigen und schlechte Stimmung verbreiten”, glaube ich, dass kein Wert darin besteht, der vorgetragenen Nullaussage Raum zu geben und und auf irgendeine Art Überzeugungsarbeit zu leisten – wäre diese gefragt gewesen, so hätte der Kommentar anders ausgesehen. Anders sieht es aber mit den anderen Leserinnen und Lesern aus. Ich interpretiere unkonstruktive Kommentare daher gern etwas anders, als der Autor sie gemeint haben wird, um für die, die noch auf der Suche nach Antworten sind, einige programmatische Aussagen anzubieten, z.B. diese oder – wenn wir gerade über Volksverhetzung reden – auch diese. Das habe ich bei Sascha P.’s Kommentar in der Eile leider versäumt, was mir leid tut, und was hiermit nachgeholt ist. Andere würde da einfach auf löschen drücken, aber ich denke, so hat auch so ein Kommentar wenigstens noch einen – wenn auch vom Autor nicht unbedingt intendierten – Sinn gehabt. Inhaltliche Kritik – wie die Deine – nehme ich allerdings stets ernst und gehe selbstverständlich argumentativ darauf ein. Allen konstruktiven Kommentierenden – auch den kritischen – wünsche ich einen wunderschönen Jahresausgang mit genau so viel Schnee, wie sie mögen.

  2. Curny schrieb am

    Wenn du “vorwärts” rufst, stelle genau klar, in welche Richtung.

    (Anton Pawlowitsch Tschechow (1860 – 1904), russischer Meister der impressionistischen Erzählung und Dramatiker)

    • Sehr treffendes Zitat.
      Hier gibt’s aber nach wie vor keinen Raum für Reflexionen über die Richtung.
      Es geht doch nur daraum, den Laden irgendwie zusammenzuhalten, mithilfe “rhetorischer Sargnägel” ggf.
      Unverständlich – aber schön.

      P.S.
      Und es gibt – Dirk.

  3. Sehr schön geschrieben liebe Stephanie,

    ich kann mich deinen Worten nur anschließen. Wir haben wirklich noch viel zu tun und sollten uns möglichst nicht gegenseitig blockieren. Wenn wir sachlich bleiben und die besseren Argumente gegenseitig abwägen, machen wir auch die nächsten guten Schritte.

    Ich wünsche dir und allen anderen Piraten schöne Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr!

  4. Anonym schrieb am

    Wenn es um gute Vorsätze für 2015 geht, rege ich an, doch mal zu fragen, ob jemand einen “Wunsch” äußern möchte. Das böte die Gelegenheit, hier mal zwanglos auf ein paar Dinge hinzuweisen.
    Gruss aus Niedersachsen.

  5. Name schrieb am

    Ich denke es ist sehr schade an einem christlichen wie kapitalistischen Feiertag, von einer Partei welche sich für die Trennung von Staat und Kirche sowie mehr soziale Gerechtigkeit einsetzt, mit einem solchen Bild begrüßt zu werden.
    Den dazugehörigen Text habe ich mir aus psychischen Gründen erspart,
    Ich hoffe auf mehr vorleben des Proklamierten in Zukunft.
    So long.

    • Dirk schrieb am

      Nun, ein Fest – ausgedrückt durch gesetzliche Feiertage – ist es nun mal. Auch für Weihnachtsablehner wie mich. Trennung von Staat und Kirche, die wir Piraten schon seit langem stärker ausprägen wollen, bedeutet allerdings nicht, dass sich der einzelne Mensch von seinem Glauben entfernen soll. Umgekehrt sind wir sogar der Ansicht, dass der Glaube und die Religion eines Menschen völlig legitim, seine Sache und unbedingt zu respektieren sind, solange er sie nicht so ausübt, dass das für andere schädlich wird. Stephanies Gedanken sind nicht zum Schaden anderer und anlässlich des Weihnachtsfestes Gedanken über die Zukunft macht, dann widerspricht das natürlich in keiner Weise dem Gedanken, Kirche und Staat zu trennen. Insofern kann ich Deine Kritik nicht nachvollziehen.

      Allerdings wäre die Redaktion sehr an fundierten Artikeln interessiert, die konkrete Punkte beleuchten, in dem die Trennung von Statt und Kirche verbesserungsfähig ist. Der Rundfunkstaatsvertrag und die Gestaltung der Feiertage wären dankbare Themen. Wer also Lust hat…

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