Beitrag erschienen bei PIRATENPARTEI Nordrhein Westfalen
Unter dem Eindruck der endlosen Geheimdienstskandale erreicht das Crowdfunding-Projekt Anonabox innerhalb von anderthalb Tagen über eine viertel Million US-Dollar. Die kleine Open-Source-Box, die zwischen Internetrouter und Endgeräte platziert wird, gewährleistet eine Anonymisierung über das TOR-Netzwerk.
YouTube-Video: https://www.youtube.com/watch?v=_XxcLTwR8Kw
Damit ist jeder per Kabel oder WLAN verbundene Anwender automatisch ein wenig besser geschützt, wenn er im Internet unterwegs ist. Ganz nebenbei wird es so auch für jedermann möglich, freies WLAN anzubieten – ohne Angst vor Abmahnungen und der Störerhaftung. Das ist Freifunk. Das ist gut. Das ist wichtig. Denn auch wenn einzelne Sicherheitsfanatiker aus Politik und Exekutive es noch so oft verteufeln: Ein freies Internet, und der ungehinderte Zugang dazu über Freifunk, ist die Grundlage für den Erhalt unserer Demokratie im digitalen Zeitalter. Alle anderen Szenarien wären eine fahrlässige Wiederholung der schrecklichen Geschichte deutscher Überwachungsstaaten.
Die NSA markiert bereits seit längerer Zeit Menschen willkürlich in ihren Datenbanken als potentielle Terroristen, weil sie unerkannt im Internet surfen wollen und deswegen das Anonymisierungsnetzwerk »Tor« verwenden. Die einfache Logik: Wer uns nicht freiwillig alles, jeden Klick und jede besuchte Internetseite, preisgeben will, der hat etwas zu verbergen, der ist ein TORrorist!
Als Zivilgesellschaft haben wir die Kontrolle über die Geheimdienste längst verloren: Unsere gewählten Volksvertreter sitzen einfach aus, wenn die Geheimdienste gegen alle Regeln verstoßen, wenn sie mit anderen Geheimdienste gegen uns Bürger zusammenarbeiten. Jede neue Ausforschungsmethode, jeder neue Skandal, ja sogar bekannt gewordene Straftaten werden unter den Tisch gekehrt, für beendet erklärt und aus den Medien ferngehalten. Man fragt sich: Wer hat die eigentlich gewählt?
Den Menschen bleibt nur noch die Möglichkeit, technischen Ungehorsam zu leisten. Hacken und Angriffe auf Infrastrukturen sind dabei keine Option, denn wir achten das Recht und wollen nicht der Gesellschaft schaden. Aber auch mit friedlichen Mitteln können wir – jeder Einzelne, jede Einzelne von uns – es den Datendieben ein bisschen schwerer machen, uns auszuspionieren, uns zu kontrollieren. Denn je mehr Menschen sich technisch rüsten und auf Verschlüsselung und Anonymisierung setzen, desto mehr Aufwand wird es, unsere “ausgeleiteten” – das heißt: veruntreuten – Daten zu analysieren und uns wieder persönlich zuzuordnen.
Schauen wir auf den Arabischen Frühling, die Proteste in der Türkei und der Ukraine und in Hongkong, dann wird klar, warum Verschlüsselung nicht nur wichtig ist, um der NSA, dem GCHQ, dem BND und wie sie alle heißen mögen, das Leben schwer zu machen. Denn auch Oppositionelle in totalitären Staaten und solchen, in denen der Rechtsstaat nur auf dem Papier steht, sind darauf angewiesen, staatliche Überwachung zu umgehen. Das Tor-Netzwerk ermöglicht es Internetnutzern über sein weit verteiltes Serversystem, ihre IP-Adresse wirksam zu verschleiern und dadurch anonym zu surfen. Jeder einzelne Tor-Server – auch einer in Deutschland – hilft dabei, Zensur und Unterdrückung überall auf der Welt zu bekämpfen.
Wenn die NSA sich so viel Mühe gibt, das Tor-Netzwerk zu bekämpfen, dann können wir sicher sein, dass es ein Problem für sie ist. Und wenn die NSA das nicht in den Griff bekommt, dann ist es auch für Andere ein Problem. Damit wird Tor zu einem besonders wichtigen Instrument im Kampf gegen die die massenhafte und anlasslose Überwachung.
Je vertrauenswürdiger die Betreiber der Server sind, desto stärker wird das Netzwerk. Und je mehr Internetnutzer sich mit Tor schützen, desto schwerer fällt die gezielte Ausspähung Einzelner. Als Partei sehen wir uns daher geradezu in der Pflicht, mitzuhelfen und setzen daher unsere Möglichkeiten in die Tat um, damit anonymes Surfen im Internet möglich wird.
Deswegen beteiligen sich die Piraten aktiv am Tor-Projekt: Die Landesverbände Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind seit September 2013 Teil des Tor-Projekts und bieten sogenannte Tor-Exit-Nodes an. Die bayerischen PIRATEN hatten sich bereits 2012 entschlossen, entsprechende Server einzurichten.
Stefan Körner, der Bundesvorsitzende der Piratenpartei, hat es in einer Pressemeldung so ausgedrückt:
Wir lassen Menschen wie den von der NSA überwachten Studenten und Tor-Nutzer Sebastian Hahn nicht mit dieser Verantwortung allein.
Piraten arbeiten gegen digitale Massenüberwachung: Nicht nur politisch, sondern auch ganz praktisch auf der technischen Ebene. Und mit der Anonabox kann endlich jeder problemlos mitmachen.
Daher freut sich de Piratenpartei ganz besonders über diese kleine Box und ruft dazu auf, das Crowdfunding des Anonabox-Teams zu unterstützen. Denn nur, wenn sie die Geräte künftig in Stückzahlen produzieren können, kommt diese tolle Idee auch zur Wirkung. Dass das Team im Moment geradezu mit finanziellen Mitteln überschüttet wird, sehen wir als wichtiges politisches Signal – und keinesfalls als einen Grund, Zurückhaltung zu üben!