UN-Menschenrechte ausgehebelt – Meinungsfreiheitsbekämpfungsgesetz

Gastbeitrag von Susanne Holzgraefe aka miracee

Am 23. Juni hat die Bundesregierung das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetz verabschiedet. Das Gesetz sorgt nicht nur bei Datenschützern, sondern auch bei Menschenrechtlern der EU und sogar der UN für Aufregung.

Das Gesetz ist nicht nur ein Verstoß gegen Artikel 5 (Meinungs-, Medien-, Kunst-, Wissenschafts- und Pressefreiheit) unseres Grundgesetzes, sondern verstößt auch gegen die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen (UN) und der europäischen Union (EU). Darüber hinaus wird durch das Gesetz die Gewaltenteilung ausgehebelt. Experten befürchten zusätzlich, dass das Gesetz eine Steilvorlage für weniger demokratische Staaten liefert, die Meinungen noch gezielter zu beschneiden.

Die Hamburger Justiz hatte mich, als Vertreterin von Digitalcourage e.V. zu einer Expertenrunde geladen. Natürlich interessiert mich das Thema auch als Piratin. Es waren 18 Experten anwesend. Darunter ein Referent des NetzDG, ein Justiziar von Google Deutschland und Europa, Peter Schaar (Guru der Datenschutzwelt) und ein Anwalt mit Mandanten aus dem Dating- und Pornobusiness.

Die anwesenden Experten für Datenschutz und Informationsfreiheit waren mit dem Justiziar von Google einer Meinung. Nur der Referent des NetzDG versuchte mit fadenscheinigen Argumenten das Gesetz zu verteidigen.

Für das Gesetz wurden von der Regierung angeblich zehn soziale Netzwerke unter die Lupe genommen. Es ist aber immer nur die Rede von Youtube bzw. Google, Facebook und Twitter. Auch auf Nachfrage bekamen wir keine Auskunft, welche weiteren Netzwerke überprüft wurden. Als der oben genannte Anwalt gezielt nachfragte, welche Plattformen aus dem Dating- und Pornobusiness analysiert wurden, teilte der Referent uns mit, dass unter den zehn analysierten Netzwerken weder eine Datingplattform noch eine Plattform aus der Pornobranche war.

Warum aber sind die Änderungen so gefährlich? Die Plattformbetreiber sollen rechtswidrige Inhalte in so kurzer Frist löschen, dass eine ordentliche Prüfung auf Rechtswidrigkeit gar nicht möglich ist. Darüber hinaus können sich Plattformen ohne Gewinnabsichten (non profit), gar nicht so viele Juristen leisten. Davon abgesehen sollen in Deutschland eigentlich stets nur Richter über Rechtswidrigkeiten urteilen und nicht Unternehmen der Privatwirtschaft.

Hier sollen jetzt Google, Facebook, Twitter, Tinder, Parship und andere zu Richtern werden. Da eine ordentliche Prüfung der Inhalte in so kurzer Zeit nicht möglich ist, ist es absehbar, dass die Plattformen zukünftig bei eingehenden Beschwerden die Inhalte umgehend aus dem Netz nehmen, selbst wenn sie legal sind. Es wird ein Kollaps von Artikel 5 des Grundgesetzes (Meinungs-, Medien-, Kunst und Pressefreiheit) befürchtet.


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