Aufstand der Gartenzwerge – Demaskierung der Rautenpolitik

Bild: CC-BY-SA 3.0 Moritz Kosinsky

Ein Gastbeitrag von Kiko Hilger, @katrinhilger erschienen auf der Bundes-Website.

In Goethes Zauberlehrling beschwört der Gehilfe die Geister, damit sie ihm helfen, die Werkstatt sauber zu halten, damit er Zeit für wichtigere Dinge hat. Der Plan geht nach hinten los, er muss hilflos zusehen, wie die unkontrollierbaren Geister die Macht übernehmen…

Angela Merkel und ihre Union dürften sich im Moment ein wenig wie der hilflose Zauberlehrling fühlen, der die beschworenen Geister nun nicht mehr los wird. Denn die Union – und das werden sie sehr gut wissen – sind schuld an dem Erstarken des rechten Rands. Die AfD und die Neonazis profitieren von der Politik der Union.

Immer wieder hat die Union all die Gefahren beschworen, die ausgehen von allen möglichen Minderheiten. Radikal-islamische Attentäter, die, geschützt von der bunten Multikultigesellschaft, ihre finsteren Pläne schmieden, oder ganze Horden von Wohlstandsflüchtlingen aus Rumänien oder Bulgarien – vor solchen Schreckensszenarien warnten Politiker von CDU und CSU unablässig. Während sie die tatsächlichen Gefahren, wie die Überwachung durch NSA und Verfassungsschutz, herunterspielten. Ja, sogar als notwendig anpriesen, um der ständig wachsenden »Bedrohung von überall her« beizukommen. Im Gegenzug beschworen sie ein Bild von heiler Familie, mit Mami am Herd, mit Haus im Grünen, mit Papa bei der Arbeit. CDU/CSU glaubten, dass sich all die Menschen bereitwillig in die erfahrenen Hände von »Mutti« Merkel begeben würden, aus purer Angst vor den Alternativen. Und bis zur Bundestagswahl funktionierte das auch noch.

Aber das Blatt hat sich gewendet. Denn zu der von den Politikern induzierten indifferenten Unsicherheit kommt die eigene sehr konkrete Erfahrung, dass das auch mit der heilen Familie nicht so weit her ist. Dass Arbeitslosigkeit und Absturz immer eine Möglichkeit sind. Auch sind die Leute nicht völlig naiv und wissen, dass die Bankenkrise noch lange nicht beendet ist. Und dass uns nur noch wenige Ländergrenzen von Konflikten und Kriegen trennen. IS und Salafisten samt Shariapolizei werden als immense Bedrohung wahrgenommen. »Wo bleibt denn da die Sicherheit? Wer schützt uns?«, fragt man sich aufgeregt.

Die Antwort gefällt vielen nicht – zum Pech von CDU und CSU ist rechts von ihnen eine neue Kraft entstanden, die verspricht, das alles wieder total sicher zu machen für die Leute in Deutschland. Noch viel sicherer als die Union, die sich laut rechter Verschwörungstheorien auf dunkle Pakte mit der bösen EU eingelassen hat, die den armen Deutschen nur das Geld aussaugt und an »faule Mittelmeerstaaten« oder »finstere Länder im Baltikum« schaufelt. Die AfD samt »Pegida« macht sich so die diffusen Ängste und Ressentiments gegenüber dem Euro und »denen da oben« in der EU zunutze, indem sie eine Abkehr vom Euro und damit goldene gute neue Zeiten mit D-Mark offeriert. Und sie verspricht, aufzuräumen mit Multikulti und »Kopftuchmädchen« und »Radikalislamisten«. Sie betont Werte wie »Sicherheit«, »Überwachung« und »Familie« noch viel stärker als die Union und schießt dabei gegen alle Minderheiten. Der rechte Rand macht begeistert mit und drängt nach in die »das wird man doch noch sagen dürfen«-Schneise. Ein dumpfes, braunes, freudloses Weltbild, das fatal dem ähnelt, das wir längst überwunden glaubten.

Aber dieses Weltbild ist eins, gegen das die Union kein Rezept hat. Denn würde sie die Rechten auf deren eigenem Feld angreifen, müsste sie zugeben, dass auch die von ihr aufgebauten Angstszenarien, mit denen sie ihre Politik untermauert, bloße Chimären sind. Das kann sie nicht und wird sie nicht, denn das würde den Regierungsstil von Angela Merkel zusammenfallen lassen wie ein Kartenhaus. Und so verbleibt man beim Reden – und wundert sich ansonsten über »Pegida«.

Es gibt nur einen Weg, den Rechten beizukommen: und das heißt da ansetzen, wo die eigentliche Unsicherheit herkommt: in der Angst, dass den Menschen noch was genommen wird. Und diese Angst ist ja durchaus real, auch wenn sie garantiert nicht von Multikulti ausgeht. Die Angst kommt vom windigen Sozialsystem, das seit der Regierung von SPD-Schröder kontinuierlich ausgehöhlt wurde und das auf Gängelung und Almosen setzt. Ein Arbeitsmarkt, der einfach nicht mehr genug Platz für alle bietet. Nur wenn die Menschen ihre Angst vor dem materiellen Absturz verlieren, werden auch alle anderen Schreckgespenster wirkungslos.

Aber statt Antworten zu geben, steckt pünktlich zum Jahresende – man möchte fast sagen: Alle Jahre wieder – die CSU den Kopf aus dem Sand und denkt sich ein neues fremdenfeindliches Geschichtlein aus. Das Neue dabei: Diesmal schaut man aus Berlin nicht zufrieden zu, wie die Christsozialen den Staubsauger am rechten Rand spielen – denn diesmal geht es gegen das Allerheiligste. Gegen die Kanzlerin, deren Spiel, das haben jetzt auch die Letzten verstanden, nicht aufgeht. In den sozialen Medien geht die Frage um: »Ist das der Aufstand der Gartenzwerge?« Ich glaube: Nein. Was wir jetzt erleben werden, ist die Demaskierung der Rautenpolitik, die Entlarvung des Wählerfangs in der Mitte durch zaghaft fortschrittliche Entscheidungen, wie etwa den Atomausstieg, für die es aber in der Union kaum eine Mehrheit zu geben scheint.

Einerseits ist das eine gruselige Aussicht – mit eben dieser Union als übermächtigem Partner in einer Großen Koalition mit verfassungsgebender Mehrheit. Andererseits ist es auch eine große Chance für vorwärtsgewandte gesellschaftliche Kräfte. Für uns Piraten ist jetzt die Zeit gekommen, der sozialen Kälte und der rechten Abgrenzungspolitik eine positive Vision entgegenzustellen. Eine Vision, wie wir den Digitalen Wandel und seine gesellschaftlichen Auswirkungen gestalten können – und wie wir den ganzen Unfug in Ordnung bringen können, den die unionsgeführten Regierungen und ihr kleiner Schröder-Ausflug angerichtet haben. Und – Hand aufs Herz – wer könnte das besser, als die Piraten? Das wird ein gutes Jahr. Es wird unser Jahr.


Kommentare

13 Kommentare zu Aufstand der Gartenzwerge – Demaskierung der Rautenpolitik

  1. Stinne Skarsgard schrieb am

    Gut gebrüllt 🙂

    Dem rechten Rand entgegenwirken ist aber nur dann möglich wenn ihr das liberale, freiheitsbezogen und Bürgerrechte priorisieren Vakuum füllt und den glücklicherweise die Partei schon verlassenden Linken keine Raum gebt für ihren Sozialismus, ihre verbale und tatsächliche Gewalt gegen Andersdenkende.

    Seid wachsam, wehret den Wiedergängern!

  2. Andena schrieb am

    Danke! Endlich mal wieder ein politischer Artikel, der des Lesens wert ist.

    Es könnte ruhig noch ein bisserl mehr Attacke gegen die “Alternativlose Politik” der Rauten-Versagerin sein. Anlass bietet diese schwache Regierung ja zuhauf: “Es wird keine Maut geben” “Der Euro ist alternativlos” “Die EEG-Umlage wird nicht steigen” “Mit mir wird es keine Eurobonds geben” sind alles Themen, bei denen man die Regierung gut begründet als Totalausfall bezeichnen kann.

    Natürlich sind auch Fehler im Text – insbesondere zur Eurokrise – aber das ist nicht so tragisch.

  3. Erco schrieb am

    Ein wirklich stupider Artikel, der lediglich den linken Mainstream – teilweise wörtlich übernommen – wiederkäut. “Die Antwort gefällt vielen nicht…” – Welche Antwort denn? Gibt der Text etwa eine her? “Diffuse Ängste?” Welche denn? “Der rechte Rand?” Sollte es in einer lebendigen Demokratie nicht Rechts und Links geben? Oder reicht Links völlig aus? Im übrigen wäre eine (Rück-)Besinnung auf Werte m.M.n. überhaupt nicht verkehrt sondern notwendig, um Lobbyismus und Dekadenz in Politik und Wirtschaft wirksam und grundlegend offenlegen und beseitigen zu können. Werte finde ich hier aber gar keine – Informationsfreiheit ist jedenfalls keiner. Und was bitte versteht die Autorin unter Multikulti? Die Koexistenz verschiedener gleichberechtigter Kulturen in einem Staat? Dass ein solch ideologischer Märchenwald nicht praktikabel und schon gar nicht beständig sein kann, sollte doch wohl einleuchten.

    • Dirk schrieb am

      > Welche Antwort denn?
      Dass die Angstmache der Rechtsausleger der Union zu einem Erstarken fremdenfeindlicher Kräfte geführt hat. Was als Staubsauger für den rechten Rand gedacht war, entwickelt nun ein verderbliches Eigenleben. Unter 15.000 “Gleichgesinnten” werden Sprüche wie diese plötzlich hoffähig.

      > “Diffuse Ängste?” Welche denn?
      Viele davon liegen auf der Hand, gerade, wenn man sich in die Lage vieler in Ostdeutschland Lebender hineindenkt: Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigung, daneben viel Umverteilung von unten nach oben. ALG-2 statt “1. Weltwunder” – nicht für jeden ein Fanartikel. Noch besser wäre es allerdings, wenn die Pegida-Leute ihre Ängste und Sorgen mal auf den Tisch legen würden. Tun sie aber nicht. Stattdessen wird die Lösung™ gefunden: Die “Islamisierung des Abendlandes” ist es!!1!drölf!! Nicht etwa eine verfehlte Gestaltung der Sozialsysteme, die Verflechtung von Wirtschaft und Politik, unmenschliche Behandlung von Langzeitarbeitslosen – nein: Die Islamisierung. Vorangetrieben von den 0,1% Muslimen in Sachsen. Des Abendlandes. Welchen Abendlandes? Was Pegida anzubieten hat, ist als Lösungsmuster spätestens nach kurzem Nachdenken nicht ernst zu nehmen. Also müssen es fortschrittlichere gesellschaftliche Kräfte unternehmen, die Ursachen dieser Fremdenfeindlichkeit anzugehen.

      > ine (Rück-)Besinnung auf Werte m.M.n. überhaupt nicht verkehrt sondern notwendig
      Dieses! Wie wäre es mit diesem Wertekanon hier? Natürlich ohne die Kahlschläge an den Artikeln 13 und 16 und mit einer Erweiterung von Artikel 5 auf Digitale Netze. Schluss mit anlassloser Massenüberwachung, menschenunwürdigen Sozialsystemen, Demokratieabbau u.s.w. Dann klappt das auch mit der Bevölkerung.

      > ideologischer Märchenwald
      Im Märchenwald scheinen sich eher diejenigen zu befinden, die die Fakten ignorieren und eine “Islamisierung” herbeireden wollen. Da wird Menschen tatsächlich Angst vor einer bevorstehenden Kopftuchpflicht eingeredet. In der Realität ist es zwar eher anders herum, aber wen muss das schon interessieren, wenn man genau weiß, wer der Feind ist.

  4. zykez schrieb am

    Ein Kommentar, aber auch net mehr. Leider recht inhaltlos. Mögliches Fazit: nur der vermeintliche ‘Feind des Landes’ ausgemacht und ‘verbal’ Contra gegeben. Thats all.^^
    Die Annahme, das mit mehr Arbeit solche Probleme aus der Welt schafft werden, ist da genauso geträumt und missverstanden, wie die sonstigen Ansichten in Sachen Wirtschaftspolitik bzgl. dem generellen Missverständnis woher ‘Arbeitsplätze’ eigentlich kommen und wieso überhaupt.
    Was bringt es ‘den Anderen’ vorzuwerfen keine Lösungen anzubieten, nur um dann in selbiges Verhaltensmuster zu greifen und folglich selbst keine echte Lösung anzubieten, denn am Arbeitsmarkt liegt es nicht, zumal die Dynamiken dort ganz andere Ursachen haben. Schon gar nicht bei Pediga – dort ist es runtergebrochen schlicht die ewige Einwanderungs-/Integrationsdebatte, die es schon vor Sarrazin&Co gab und alle paar Jahre immer wieder gibt.
    Wie gesagt, ein Kommentar, aber auch nicht mehr.

    • Dirk schrieb am

      > …das mit mehr Arbeit solche Probleme aus der Welt schafft werden…
      Mir scheint, dass eine etwas aufmerksamere Lektüre des Textes hifreich sein könnte. In der Tat wird es nämlich nicht mehr Arbeit geben, sondern immer weniger. Man kann zwar hoffen, dass es “nur” Verschiebungen sind – also der Verlust an niederqualifizierten Arbeitsplätzen durch einen Zuwachs an höherqualifizierten in irgendeinem Sinn aufgewogen wird – die uns durch den Fortschreitenden digitalen Wandel ins Haus stehen, aber auch diese Hoffnung wird sich als trügerisch erweisen. Es werden Millionen Arbeitsplätze sein, die hierzulande verloren gehen werden. So viele, dass die 600.000 Arbeitsplätze, die das von Kanzlerin Merkel vorangetriebene Freihandelsabkommen TTIP in Europa kosten wird, fast wie die sprichwörtlichen Peanuts erscheinen werden. Die Vorbeben dazu erleben wir gerade: Das ungebremste Anwachsen prekärer Beschäftigungsverhältnisse, das von den Verantwortlichen euphemistisch in sinkende Arbeitslosenzahlen umgedeutet wird. Die völlige Visionslosigkeit einer Regierungspolitik, deren Handlungsträger weiter von einer “Vollbschäftigung” träumen, tut ihr übriges: Weichen werden falsch gestellt, immer mehr Leute werden von ihrer Hände Arbeit nicht mehr laben können.

      > selbst keine echte Lösung anzubieten
      Die Lösungen dafür liegen auf der Hand: Es ist ein Kanon, der von “Steuerflucht beenden” bis “mehr Bildung” reicht. “Krieg führen in Afghanistan”, “Abbau der Schutzrechte für Verbraucher und Arbeitnehmer”, “Massenüberwachung” und “Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft” gehören nicht dazu.

      > …Pediga – dort ist es … die ewige Einwanderungs-/Integrationsdebatte, … alle paar Jahre immer wieder …
      Ganz viele Dinge müssten also etwa diametral zur aktuellen Regierungspolitik laufen. Und das bliebt vielen Menschen nicht verborgen, sondern macht ihnen Angst. So traurig es ist, ist das eigentlich ja auch ganz gut, denn ganz offenbar ist das Land hier im Wohlstand politisch so eingeschlafen, dass Aktion nur noch aus Existenzangst wachsen kann. Weniger gut – nein: richtig Scheiße – ist es allerdings, wenn die Angst geschickt umgeleitet wird, so dass sie sich nicht auf der Ursache der sozialen Verwerfungen entlädt, sondern auf den Schwächsten ablädt. Im Falle von Pegida auf solchen Schwächsten, von denen die Mitmarschierenden überhaupt keine eigenen Erfahrungsswerte haben, weil es vor Ort so wenige gibt. Alle Jahre wieder eine Einwanderungsdebatte? Ja, denn könnte “man” sich nicht irgendwelche armen Teufel von anderswo aussuchen, denen man den fortschreitenden sozialen Verfall in die Schuhe schieben könnte – es könnte glatt jemand auf die Idee kommen, dass da nicht in seinem Sinne regiert wird.

  5. Ulrich Hohmann schrieb am

    Zwei Kritikpunkte:
    1. Goethes Zauberlehrling wollte nicht, dass die Geister (ein Besen) ihm die Werkstatt aufräumen, sondern der Besen sollte ihm Wasser zum Bade herbei schaffen.
    2. Es greift zu kurz, AfD und PEGIDA in einen Topf zu werfen. Während die Allianz für Deutschland (wie der Name schon sagt) einen deutschen Nationalismus predigt und dafür in erster Linie wirtschaftliche (Eurokrise) Argumente bemüht, stecken die Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (wie aus den Worten “Europäer” und “Abendland” ersichtlich) die Grenzen viel weiter: Das seit dem 16. Jahrhundert definierte christliche Abendland gegen das muslimische Morgenland. Hier kommen religiöse und kulturelle Argumente ins Spiel, die emotional viel irrationaler sind, als die wirtschaftlichen Argumente der AfD. Somit können sich mit PEGIDA auch andere Nationalitäten identifizieren, z.B.:
    Die Griechen, von 1460 bis 1830, also fast 400 Jahre lang unter osmanischer (=türkischer =islamischer) Herrschaft
    Die Bulgaren, von 1396 bis 1878, also fast 500 Jahre lang unter osmanischer Herrrschaft
    Die Österreicher, die sich von 1525 bis 1791 immer wieder mit den Türken Kriege lieferten, wobei 1529 und 1683 sogar die Hauptstadt Wien belagert wurde, heute noch ein Trauma in Österreich
    Die Spanier, von 722 bis 1492, über 700 jahre lang maurisch, d.h. islamisch
    dazu die Polen, Malteser, Venezianer (Italiener) usw.
    In all diesen Ländern erinnert man sich des Islams in Form einer Unterdrückung durch eine Besatzungsmacht oder einer über Jahrhunderte anhaltenden laufenden Bedrohung, das ist dort Teil der nationalen historischen Identität!
    Das bedeutet: Während die AfD in erster Linie ein auf Deutschland reduziertes Phänomen bleibt (was man gut dadurch erkennt, dass es deren Europaabgeordneten nicht gelungen ist, in Strassburg mit nationalen Kräften anderer Länder eine Fraktion zu bilden) besteht bei PEGIDA die Gefahr, dass sich diese Bewegung zu einer europaweiten Lawine auswächst. Zumal diese Bewegung ihren Anhängern ausreichend Spielraum für ihre eigenen Sorgen und Nöte lässt: Die Armutsfalle, egal ob in den mediterranen Ländern durch horrende Jugendarbeitslosigkeit oder z.B. in Deutschland durch Hartz IV; diffuse Ängste vor einer globalen Witschaftskrake, die sich durch TTIP, TISA und CETA manifestiert; dem Spiel mit der Kriegsfackel durch Politiker in EU und NATO, egal ob in Syrien oder der Ukraine, propagandistisch unterstützt von einer längst nicht mehr unabhängigen Presse; massiver Werteverfall bei ehemaligen Vorbildern, Stichwort USA, NSA, Folterbericht…
    Ja, 2015 kann angesichts dieser Entwicklungen ein Jahr der Piraten werden. Aber dazu müssen wir sehr differenziert und mit Alternativvorschlägen die Sorgen der PEGIDA-Anhänger ernst nehmen und auf diese zugehen. Bisher habe ich bedauerlicherweise aber nur pauschale undifferenzierte Ablehnung, “ins-Lächerliche-ziehen”, Verteufelung und “den-schwarzen-Peter-weitergeben” erlebt, auch bei uns Piraten. Das wird auf Dauer zu wenig sein!

    • In der VG Loreley hier am Mittelrhein haben wir erhebliche finanzielle Probleme. Das jetzt neue Bürger / innen in die VG kommen und gekommen sind hat hier keine Begeisterung ausgelöst. Menschen ohne Erfahrung mit Reisen oder Arbeit im Ausland, so Handwerker, reagierten schnell mit sozialer Abwehr, und der Kriegsfahne der Marine. Die letztere hingen sie wieder ab, weil ich einen Aufstand machte. Dennoch bleibt die Frage, ob die Art und Weise, wie diese Angelegenheit gehandhabt wurde, vernünftig war.

      Gut, in den letzten 4000 Jahren ziehen Völker durch das Rheinland. Manche bleiben, manche ziehen weiter. Das ist hier eigentlich keine Notiz wert. Das dies unserer Kultur schaden würde, unterschätzt unsere Kultur. Diese besteht seit 4000 Jahren und erfreut sich wachsender Beliebtheit bei den neu an gekommenen. Das was die Leute aufregt ist dieses preußische Staatsgehabe. Es wird einfach von oben bestimmt, die Neuen kommen da und da und dort hin. Auf die Idee, die Leute im Da und Da und Dort zu fragen, wie sie dazu stehen, auf die Idee kommen sie noch nicht und wenn. Es gibt Gemeinden und Kreise, die hätten die Neuen gerne, andere wiederum haben mit dem Zuzug größere Probleme. Auch dort wäre es vernünftiger gewesen, sich die Probleme vor Ort anzuhören und einen Diskurs zu eröffnen. Wieso hat man in unserem Land eigentlich so eine furchtbare Angst vor Demokratie?

      Eine obige Vorgehensweise erfordert auch, das sich Verantwortliche mal Gedanken gemacht haben sollten, wie die ganze Geschichte eigentlich vonstatten gehen soll. Monotheistische Religionen, die für sich beanspruchen, den einzigen richtigen Weg zu kennen, vertragen sich im Allgemeinen nicht mit ebensolchen Anderen, die das selbe von sich behaupten.

      Eine andere Küche, kann ja eher unsere Tafel bereichern und andere Musik, auch nicht schlecht. — Wo bleiben eigentlich die Afrikaner auf den Fastnachtsumzügen? Ich vermisse ihre Musikalität und Farbenpracht? — Dann bleibt da noch das Kopftuch. Also mir sagen die Frauen bei uns immer, ach super Verschleierung, da brauchen wir uns nicht bei jedem Schritt zu schminken und die Haare zu machen. Ich bin mit Deutschen, ehemals aus der Türkei, Islam ‘getaufte’, groß geworden. Also Verschleierung hin und her, die Frauen lassen sich da auch nichts sagen. Ja, Rechte, Altvordern Dogmatiker, heilige der letzten Tage und was es sonst noch die Vergangenheit idealisierende gibt, die gibt es da wie überall. Ihnen muss die französische Revolution, die Geschichte mit der Paulskirche, die sozialen und emanzipatorischen Bewegungen der Jahrhunderte unserer Geschichte, und warum es in unserem Rechtsraum nach dem Gesetz und nicht nach Traditionen, Religionen und Gewohnheiten geht, erläutert werden. Manchmal auch mit dem Recht. Wer hat den Neuen das Grundgesetz, die Verfassung und ihre Rechten und Pflichten erklärt. Niemand. Die Werke liegen noch nicht mal in unterschiedlichen Sprachen in den Gemeinden aus.

      Anstatt all dem haben wir eine vom rechten Finanzkapital und reichen Familien finanzierte nationalistische, faschistische Bewegung, PEGIDA …, nebst Henkel, Unternehmerverband, AFD. Bereit mit dem Morden zu beginnen? Noch nicht, aber der Geist schwingt mit.

  6. Ralf Becker (Ralle002) schrieb am

    Komischerweise steht das breite Wählerrudel immer noch wie ein Mann hinter der großen Koalition, obwohl diese eindeutig diese Art von Politik macht. Ich musste übrigens erst recherchieren, was überhaupt Rautenpolitik oder Seehoferismus ist.

    • Dirk schrieb am

      Es wird die große Aufgabe für die Piraten 2015 sein, die Zusammenhänge zu erklären. Nüchtern, in all ihrer Komplexität und dennoch verständlich, ohne Blatt vor dem Mund, und ganz ohne Verschwörungstheorien und Menschenfeindlichkeit. Dann wird auch völlig klar, dass das Lösungsmuster “es sind die Ausländer” oder “es sind die Muslime” (wobei hier gerne diffamierendere Wörter benutzt werden) nicht trägt und was tatsächlich getan werden muss, um das längst angebrochene Digitale Zeitalter zu gestalten. Ich hoffe, dass uns das gelingt. Denn ich sehe keine andere gesellschaftliche Kraft, die das tut und wenn es nicht gelingt, dann sieht die Zukunft duster aus.

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