Wer darf eigentlich in den Bundestag?

(CC-BY-NC) @moonopool

Beitrag erschienen auf der Bundes-Website.

Eigentlich ist es ja ganz einfach: Ein Verband oder eine Organisation lässt sich in diese lange Liste hier eintragen und dann können seine bzw. ihre Vertreter einen sogenannten »Hausausweis« beantragen – und dürfen dann rein. Vermutlich ohne Schlangen, wie »normale« Besucher. Von »Achtung Kinderseele« bis zum »Zweckverband ostdeutscher Bauverbände« ist alles vertreten, was seine Interessen bei den Politikern anmelden will. Der »Bund klassischer Homöopathen« und das »Deutsche Atomforum« sind dabei, und natürlich der »Barbecue Industry Association Grill« und der »Vegetarierbund«. Alle da. 2175 waren es im Mai 2014. Aber anscheinend reicht das nicht. Einige Lobbyisten scheinen so wichtig zu sein, dass sie den Bundestag »nicht zuletzt im Interesse des Parlaments häufig aufsuchen müssen«. Solche wichtigen Lobbyisten erhalten ihren Hausausweis offenbar auch ohne den lästigen, öffentlichen Eintrag – einfach mit einer Unterschrift eines Fraktionsgeschäftsführers. Davor war es noch einfacher: Die Unterschriften von fünf Abgeordneten hatten genügt. Eigenartig, nicht wahr?

Noch eigenartiger, dass die veröffentlichte Geschäftsordnung des Bundestags dieses Verfahren gar nicht vorsieht. Abgeordnetenwatch.de bekam Wind von der Sache und hat nachgefragt. Vom Bundestag selbst kamen nur ausweichende Antworten und fadenscheinigste Ausreden, aber – so wie auch aus den »geheimen« Verhandlungen zu diversen »Freihandelsabkommen« immer wieder brisante Information entweicht – natürlich wurden Abgeordnetenwatch die notwendigen Informationen zugespielt. Jetzt klagt Abgeordnetenwatch.

Und weil wir Piraten die mit den Fragen sind, möchten wir von Abgeordnetenwatch wissen, was genau sie aus dem Bundestag herausklagen wollen und warum ihre Klage aussichtsreich ist. Dazu haben wir Gregor Hackmack eingeladen, der uns das erklären wird – natürlich ganz offen und transparent:

Die Veranstaltung beginnt am Mittwoch, 4.3.2015, um 20:00 Uhr und findet auf unserer virtuellen Diskussionsplattform Mumble im Konferenzzentrum, Raum »Dicker Engel« statt. Dort ist auch direkte Beteiligung am Saalmikrofon möglich. Daneben wird die Diskussion live im Piratenradio Nebelhorn übertragen und kann ohne Installation weiterer Software direkt im Web-Browser angehört werden. Und natürlich wird es wie immer eine Aufzeichnung im Krähennest-Podcast geben, über die wir gesondert informieren.

Das Artikelbild entstand am 1.1.2010. Auch Besucher ohne »Hausausweis« oder Termin für eine der – sehr empfehlenswerten – Führungen der Bundestagsverwaltung werden ins Reichtagsgebäude eingelassen, müssen dann aber witterungsunabhängig anstehen, da immer nur eine bestimmte Zahl von Besuchern gleichzeitig ins Gebäude und in die Kuppel dürfen. In der hier abgebildeten Schlange stehen ca. 140 Personen an. Dies nur zum Vergleich zu den 2175 akkreditierten Organisationen und der unbekannten Anzahl von »Hausausweisen«, die mit Unterschrift der Fraktionsgeschäftsführer freien Zugang zum Bundestag haben…


Kommentare

3 Kommentare zu Wer darf eigentlich in den Bundestag?

  1. Otla schrieb am

    Kleine Ergänzung: Ohne Schlangestehen Einlass finden auch die Bürger Einlass, die zwecks Kontrolle des Parlaments eingeladen wurden, natürlich als Gruppe in Begleitung.
    Hierfür lädt jeder Abgeordnete üblicherweise 2 x im Jahr Bürger – häufig Parteimitglieder, aber nicht nur – zum Besuch ein.
    Die Reise dauert so um die vier Tage, sie gilt als Reise, zu der der Arbeitgeber in der Regel freizustellen hat.
    Die Begleitung macht oft der persönliche Referent des Abgeordneten.
    Besichtigt wird nicht nur der Bundestag, sondern auch ein paar Ministerien, wobei ein Mitarbeiter des Ministeriums über Aufbau, Struktur, Aufgaben und Aktuelles des Ministeriums informiert.
    Dazu Stadtrundfahrt, Museumsbesuche und – parteiabhängig – so diverse Ikonen.
    Die Kosten trägt der Bund.
    Wer die Möglichkeit hat, an einer solchen Fahrt teilzunehmen, sollte das unbedingt tun. Es sei allerdings gewarnt: sie ist relativ anstrengend und für eine private Lustreise kaum zu gebrauchen, da die Abgeordneten verpflichtet sind darauf zu achten, dass die Fahrt tatsächlich auch zu dem Zweck genutzt wird, für den der Bund zahlt.

  2. zarathustra schrieb am

    moin

    laut parlamentarischer anfrage kann die bundesregierung nicht sagen, wie viele und an welchen stellen vertreter von lobbyorganisationen in welchen ministerien arbeiten und (vorrübergehend) chefposten besetzen.

    da gibt es also leute in den ministerien, die sind vorrübergehend in den ministerien, sind da chef und das vorrübergehend – anschliessend kehren sie auf ihre posten bei den entsendenden organisationen zurück.
    vorrübergehend arbeiten sie an der formulierung von gesetzen, bestimmend, um danach ihrer organisation zu dienen.

    die antwort der bundesregierung:

    wir wissen nicht, wer das ist, wir wissen nicht, wo sie sitzen, wir wissen nicht mal wie viele!

    na logo gibt es lobbyismus – die gewerkschaften, amnesti, greenpeace…alles lobbyisten.

    das die an der entscheidungsfindung mitwirken, ist sache und ok.

    das die vorrübergehend in ministerien arbeiten, als entscheidungsbefugte…

    die bundesregierung kann nicht mal sagen, wer, wo, was und wie viele.

    toll!

    die frage, ob ich nun nen hausausweiss bekommen könnte, ist secundär –

    es sollte themathisiert werden,

    (lege ich mein geld vernünftig an, wird es mir als nichtanrechenbares vermögen abgezogen – lege ich es unvernünftig an und riester, darf ich es behalten – ein schelm, der denkt, das wäre ausversehen passiert.

    na logo brauchen greenpeace, amnesty und jede lobbyorganisation nen zutritt zu den ministerien, dem parlament, der regierung…

    aber bitte mit ausweiss!

    zara

  3. Dirk schrieb am

    „laut parlamentarischer anfrage kann die bundesregierung nicht sagen“

    Welche parlamentarische Anfrage meinst Du da?
    Hast Du einen Linkoder eine DRS-Nummer zur Hand?

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